Die algerische Volkswirtschaft ist ihrer Struktur nach eine staatlich dominierte Rentenwirtschaft auf Basis von Erdöl und Erdgas. Algerien ist viertgrößter Erdgas- und zehntgrößter Erdölproduzent der Welt. Die algerische Wirtschaft ist wenig diversifiziert. Nahezu alle Konsum- und Industriegüter werden aus dem Ausland bezogen. Der Privatsektor gewinnt nur langsam an Bedeutung.
Geschätztes BIP 219,5 Mrd. US-$ (2014)
Pro Kopf Einkommen (Kaufkraftparität) 13.070 US-$
Rang der menschlichen Entwicklung (HDI) Rang 85 (von 189) (2017)
Anteil Armut (nat. Armutsgrenze) 23%(2006)
Einkommensverteilung (Gini-Koeffizient) 35,3
Wirtschaftlicher Tranformationsindex (BTI) 70 von 129 (2014)
Algeriens Wirtschaft hängt stark vom Export von Erdöl und Erdgas ab. Dank anhaltend hoher Öl- und Gaspreise konnte Algerien über Jahre hinweg ein kontinuierliches Wachstum von durchschnittlich 3% verzeichnen. Nach 2,8% im Jahr 2011 wurde 2012 ein Wachstum von 3,3% und 2013 von 2,8% erreicht. Die algerische Außenhandelsbilanz weist für 2012 einen Überschuss von 21,5 Mrd. US Dollar und für 2013 11,5 Mrd. US-Dollar aus, die Devisenreserven sind zum Jahresende 2014 auf rund 197 Mrd. US-Dollar angestiegen, seitdem aber drastisch gefallen. Daher ist das Land vorläufig
immer noch praktisch schuldenfrei, die Zeiten, in denen aufgrund niedriger Ölpreise der IWF um Hilfe gebeten werden musste, scheinen endgültig vorbei zu sein. Allerdings ist Algerien in der zweiten Jahreshälfte 2015 wieder in die externe Verschuldung eingestiegen – dies wird weiter zu verfolgen sein. Steigende Import- und fallende Exportpreise reduzieren den Außenhandelsüberschuss jedoch deutlich. Allerdings werden die politischen Entscheidungsträger zunehmend nervös und bereiten das Land auf schwerere Zeiten vor, da die Trends eindeutig negativ sind. Allerdings wird ein expliziter fiskalischer Austeritätskurs einstweilen noch ausgeschlossen, wenn auch schon 2016 viele Infrastrukturprojekte gestrichen wurden.
Für das Jahr 2017 verdüstern sich die Aussichten allerdings. Ein neues Budgetgesetz sieht u.a. eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, höhere Grund- und Immobilienabgaben sowie eine höhere Besteuerung von Mieten, Kraftstoff und Gütern des täglichen Bedarfs vor. Öffentliche Ausgaben werden drastisch eingeschränkt – manche Stimmen sprechen bereits von einer „Kriegserklärung“ an die algerische Gesellschaft. Unter den Eliten macht sich zunehmend Nervosität breit, der „ausufernde Wohfahrtsstaat“ könne in die erneute Verschuldung und dazu führen, dass sich Algerien in wenigen Jahren wieder dem IWF unterwerfen müsse.
Die «rente petrolière» ist langfristig fragil – hinzu kommt die Unsicherheit über die künftige politische Entwicklung und die Stabilität des Landes. Sollte die Nachfrage nach Erdöl und Erdgas weiter zurückgehen und die Preise weiter sinken, könnte die öffentliche Verschuldung wieder steigen und bis 2050 wieder 100% des Nationalprodukts erreichen. Die Prognosen mussten aufgrund des derzeitigen Preisverfalls bereits leicht nach unten korrigiert werden, an den grundsätzlichen Trends ändert sich jedoch zumindest kurzfristig nichts. Die Aussichten für die Zukunft sind eher düster.
Ein ehrgeiziges Programm von 130 Milliarden Euro zur Modernisierung der Infrastruktur und der Linderung der Wohnungskrise ging seit der Jahrtausendwende einher mit einem allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwung. Trotzdem sank in den letzten 5 Jahren der Anteil der Branchen außerhalb der Energie an der Gesamtwirtschaft von 18 auf 5 Prozent.
Trotz des ehrgeizigen Wohnungsbauprogramms übersteigt der Bedarf von ca. 300.000 Wohnungen jährlich zusätzlich die nationalen Möglichkeiten, die nach Schätzungen bei maximal 80.000 Wohnungen liegen. Zum ersten Mal wurde in einer Regierungserklärung im Juni 2014 von einem Ende des Gasbooms bis 2030 und der Notwendigkeit gesprochen, die Produktion für den internen Bedarf des Landes zu verwenden. Auch die Fracking-Methode soll im großen Umfang angewendet werden, um den Übergang zur Zeit nach der Erschöpfung der Gas- und Erdölressourcen möglichst zu strecken. Allerdings ist eine endgültige Entscheidung hierüber nicht gefallen, der die Fracking-Methode stark fördernde Energieminister wurde – letzte Momentaufnahme im algerischen Intrigendschungel – Mitte Mai 2015 abgelöst.
Theoretisch und vom propagierten Anspruch her wurde zwar das Modell der zentralisierten Wirtschaft aufgegeben, in der Praxis dominiert jedoch – vermeintliches französisches Kolonialerbe – eine massiv reglementierende Bürokratie. Zusätzliche Einschränkungen der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit resultieren aus Korruption, einer unsicheren Gesetzeslage und einem wenig leistungsfähigen Bankensystem. Ein akuter Zwang zur Behebung der Missstände existiert gleichwohl nicht, da der Staatsapparat über genügend liquide Mittel aus dem Erdöl- und Erdgasgeschäft verfügt. Importe können sowohl den Bedarf an Konsumgütern und Gebrauchsgegenständen als auch an Lebensmitteln decken, hinzu kommt ein schwungvoller Schwarzhandel.
Nach offiziellen Angaben wird mittlerweile zum ersten Mal von einer Arbeitslosenquote von unter 10% ausgegangen, davon sind 70 Prozent jünger als 30 Jahre alt. Diese jungen Leute machen wiederum rund 70 Prozent der Bevölkerung aus. Die Arbeitslosigkeit ist die Folge des Niedergangs des verarbeitenden Gewerbes und der Landwirtschaft, die in der Ära Boumedienne viele Arbeitsplätze geschaffen haben.
Allerdings beträgt die Arbeitslosigkeit in der Altersgruppe von 16-24 Jahren über 20%. Gegenwärtig werden die betroffenen Jugendlichen ermuntert, eine freiberufliche Perspektive aufzubauen, dazu werden Kredite und steuerliche Anreize geboten. Es bleibt abzuwarten, ob das nachhaltig wirkt. Positive Beispiele gibt es; Erfolgsgeschichten werden gern präsentiert.
Die Inflation bewegt sich auf einem Niveau, das regelmäßige Anpassungen der staatlichen Transferzahlungen nötig macht, inbes. bei den Renten. Starke Preisschwankungen bzw. – steigerungen bei den Grundnahrungsmitteln aufgrund von Klimaschwankungen und angeblicher Spekulation lassen eine deutliche Anhebung als notwendig erscheinen. Dies sollte angesichts voller Staatskassen gegenwärtig und in der näheren Zukunft nicht das größte Problem sein.
Sektoren
Die algerische Wirtschaft besteht nach den zugänglichen Daten aus
Dienstleistungssektor: ca. 33%
Industrie und Handwerk: ca. 54%
Landwirtschaft: Landwirtschaft: 13%
Die Dienstleistungen gliedern sich nach staatlichen und privaten im Verhältnis von 1:2 (private ca. 20% – z.B. private Telefongesellschaften, staatliche ca. 13%, z.B. Telekommunikation). Unter Industrie ist zu ca. 35% Erdöl- und Erdgas, zu 10% das Baugewerbe (staatliche Großprojekte) und zu ca. 5% die restliche Industrie zu verstehen (z.B. Unterhaltungselektronik, Chemie, Handwerk).
Indikatoren
Statistische Grundinformationen finden sich u.a. in den Publikationen der Deutsch-Algerischen Industrie- und Handelskammer (IHK). Eine sehr nützliche Informationsquelle sind die Berichte und Analysen der GTAI, die u.a. eine kompakte, aber gleichzeitig detaillierte und aktuelle Aufstellung aller wichtigen algerischen Wirtschaftsdaten vorgelegt hat.
Auf den Webseiten des IMF finden sich weitere Informationsquellen zur wirtschaftlichen Lage in Algerien.
Wirtschaftspolitik
1994 stand Algerien nach dem Scheitern des sozialistischen Entwicklungsmodells aus den 70er und 80er Jahren am Abgrund. Die Ölkrise seit 1984 führte zu einem Verfall der Staatseinnahmen; Algerien war zahlungsunfähig und musste um Hilfe beim Internationalen Währungsfonds bitten. Dieser verordnete ein drastisches Strukturanpassungsprogramm: Liquidation der defizitären Staatsbetriebe, Umstrukturierung der Unternehmen. 815 Unternehmen wurden aufgelöst, wobei während der Jahre 1994-97 ein Gesamtverlust von 405 000 Arbeitsplätzen zu verzeichnen war. Diese Entlassungen bedeuteten die Freisetzung von Angestellten und Beamten des modernen öffentlichen Sektors, der bis dahin ein geschütztes Marktsegment darstellte.
Die Arbeitslosenquote stieg darauf hin von 24 % im Jahre 1994 auf 29 % im Jahre 1997. Die Arbeitslosigkeit von Berufsanfängern wurde zum Massenphänomen. Die Erwerbslosigkeit wurde nun vor allem zu einer urbanen Erscheinung, viele Arbeitslose gaben die Suche nach einem Arbeitsplatz auf und wurden an den Rand der Gesellschaft gedrängt.
Weitere Folgen waren: ein Anstieg der Frauenerwerbstätigkeit, das Wiederauftreten der Kinderarbeit und eine Zunahme des Kleinstgewerbes. Der sinkende Lebensstandard der gefährdeten Gruppen zwang diese zu Überlebensstrategien, die über das Erwerbsverhalten hinaus gingen und die Familienstrukturen betrafen (Rückgang der Eheschließungen, niedrige Geburtenrate).
Präsident Bouteflika ging nach 2001 diesen Weg weiter: durch Privatisierung und Erleichterung von Auslandsinvestitionen sollte der Weg aus der Krise gefunden werden. Viele internationale Unternehmen kamen nach Algerien.
Die algerische Produktion von Gütern und Dienstleistungen konzentrierte sich jedoch auf die Förderung und den Transport von Erdöl und Erdgas bzw. deren Veredelung und Weiterverarbeitung. Algerien hatte jedoch einen großen Nachholbedarf an Importen, von Investitionsgütern über Maschinen bis zu Konsumgütern und Lebensmitteln, und zahlreiche Technologieunternehmen kamen ins Land, um den Absatz ihrer Produkte zu fördern und zu koordinieren.
Gleichzeitig wurde die Förderung der Landwirtschaft vernachlässigt, so dass aus dem einstigen landwirtschaftlichen Exportland ein Importland wurde. Zwar war der Abschied von der Planwirtschaft nach den verheerenden Ergebnissen unvermeidlich, und die Privatisierung führte zu einer gewissen Welle von Neugründungen von algerischen Unternehmen. Doch entstanden diese zumeist im Import- und Exportumfeld, z.B. Distribution von Importen in verschiedenen Sektoren, Speditionen, Transportunternehmen, Zollagenturen, Wartung von importierten Maschinen und Geräten, Schulung von Mitarbeitern. Zahlreiche Einrichtungen, wie etwa die Deutsch-Algerische-Handelskammer oder die entsprechenden Botschaften, bemühten sich um die Förderung und Intensivierung der Außenbeziehungen und die Stimulierung des algerischen Importbedarfs.
Die algerische Wirtschaft wurde nicht wirklich diversifiziert, sondern orientierte sich um die Außenbeziehungen herum. Eine nennenswerte Eigenproduktion von Gütern und Dienstleistungen für den heimischen Markt gab es nur sehr begrenzt. Das Missverhältnis zwischen Eigenproduktion und Einfuhren wurde immer größer.
Daher führte die algerische Regierung 2009 Importbeschränkungen in Form bürokratischer Hemmnisse ein (Verbot der Barzahlung, sog. Akkreditivpflicht). Diese wurden aber bald darauf wieder gelockert. Importe sollten steuerlich nachvollziehbar sein und konnten nicht mehr «undokumentiert» finanziert werden. Allerdings ist die Abhängigkeit von den Im- und Exporten mittlerweile so verwurzelt, dass es nur ein begrenztes Gegensteuern geben kann.
Außerdem fehlt es seit langem an regionaler Integration innerhalb der Maghrebstaaten, die nur ca. 1% ihres Außenhandels untereinander bestreiten (EU ca. 60%). Auf der gesamtwirtschaftlichen Nachfrageseite wurde zum Zweck der sozialen Befriedung der staatliche Mindestlohn in den letzten drei Jahren massiv angehoben, nämlich von 6.000 auf 18.000 Dinar (ca. 180€). Allerdings wird dadurch nicht unbedingt die algerische Produktion stimuliert, sondern wiederum eher der Konsum von importierten Gütern.
Das Infrastrukturprogramm
Es ist naheliegend, die Überschüsse aus dem Ölgeschäft für den Aufbau einer effizienten Infrastruktur zu verwenden. Massive Investitionen, z.B. im Straßenbau, wurden realisiert.
Vorgesehen sind Ausgaben in Höhe von 156 Mrd US$ (in 5 Jahren). Der größte Teil davon geht in den Ausbau der Infrastruktur, den staatlichen Wohnungsbau und weitere Baumaßnahmen. Zu den geplanten Investitionen aus dem gegenwärtigen Fünfjahresplan kommen – mit einem Volumen von mehr als 100 Mrd. US Dollar – Projekte aus dem Investitionsplan 2005-2009 hinzu, die noch nicht abgeschlossen sind.
Dabei geht es u.a. um den Ausbau des Straßen- und Schienennetzes. Die Ost-West-Autobahn, im Westen nach Marokko, im Osten nach Tunesien, soll innerhalb von 5 Jahren mit einem Aufwand von ca. 10 Mrd. US$ fertiggestellt werden. Dabei sind große technische Herausforderungen zu bewältigen, insbes. in den felsigen und bergigen Landesregionen, z.B. bei Constantine (Bau von kilometerlangen Tunnels).
Für den Ausbau des Schienennetzes sind sogar ca. 25 Mrd. US$ eingeplant; eine Nord-Süd Verbindung Oran-Bechar für Personen- und Gütertransporte existiert bereits. Die Planung sieht vor, das existierende Schienennetz bis 2015 etwa zu verdreifachen, nämlich von ca. 3000 auf ca. 10.000 Kilometer Streckenlänge. Hinzu kommt der Ausbau der lokalen Schienennetze, 14 Städte sollen eine Straßenbahn erhalten.
Weitere Schwerpunkte sind die Verbesserung der Wasserversorgung durch
Meerwasserentsalzungsanlagen und Staudämme, aber auch der Abwasserreinigung durch Kläranalgen und Abwasserteiche.
4 neue Fischereihäfen sollen gebaut, bestehende modernisiert und die Flughäfen ebenfalls einer Renovierung unterworfen werden.
Das Infrastrukturprogramm macht auf dem Papier einen konsequenten und plausiblen Eindruck. Es ist aber u.E. fraglich, ob die Projektmanagement- und Managementkapazitäten des Landes für eine solche Kraftanstrengung ausreichen. Die Erfahrung seit der Ära Boumedienne, aber auch in jüngster Zeit, zeigt, dass ausländische Hersteller, Anbieter und Generalunternehmer das Geschäft machen und die Projekte «schlüsselfertig» übergeben.
Chinesischer Einfluss
China hat sich nach Frankreich und vor Italien als zweitwichtigster Partner im Außenhandel durchgesetzt, d.h. die Importe aus China, insbes. an Billigwaren, haben einen sehr großen Umfang erreicht, chinesische Waren, Gebrauchsgegenstände und Fertigprodukte bestimmen den Alltag in Algerien. Dies gilt für Textilien, Werkzeuge, Ausstattungsbedarf, Satellitenschüsseln, Elektrozubehör usw., auch mittlerweile für Automobile. Chinesische Importgüter bis hin zur IT-Ausstattung sind allgegenwärtig. Da es ein funktionierendes System von Normen und Standards (z.B. TÜV- oder DIN Normen) in Algerien nicht gibt, sind die chinesischen Produkte insbes. im Billigsektor dominierend.
Sie sind aber weder von guter Qualität noch besonders langlebig und werden oft als «Chintox» bezeichnet, eine Mischung aus «China» und «Intoxination». Gleichzeitig ist der chinesische Einfluss in der Bauwirtschaft sehr bestimmend geworden, da die chinesischen Anbieter keinen Transparenzvorschriften unterworfen sind und politisch motivierte Dumping-Angebote abgeben können, bei denen die Interessen und Wünsche der algerischen Entscheider auch nicht unberücksichtigt bleiben. Die chinesischen Arbeiter werden meist gleich mit importiert und leben abgesondert von den Lebensverhältnissen der Algerier in Wohncontainern und provisorischen Unterkünften. Angeblich können Bauarbeiten nicht von Algeriern ausgeführt werden, so dass es zu keiner nennenswerten Schaffung von Arbeitsplätzen kommt.
Höhepunkt dieser Entwicklung ist der Bau der neuen Großmoschee in Algier-Ost – der zukünftig drittgrößten der Welt -, konzipiert von dem Frankfurter Architekten Jürgen Engel. Dafür sollen nach Presseberichten etwa 10.000 chinesische Arbeiter eingeflogen werden, eine Qualifizierung und Ausbildung von Algeriern findet offenbar nicht statt – die Moschee wird sozusagen schlüsselfertig übergeben.
Das Projekt Desertec
Die großen Hoffnungen, die in das Projekt Desertec gesetzt wurden, an dem sich führende Konzerne Munich Re, Siemens, RWE oder E.ON beteiligen oder im Planungsstadium beteiligen wollten, haben sich nicht erfüllt. Das Engagement führender deutscher Unternehmen scheint stark von der zu erwartenden staatlichen Förderung abhängig zu sein. Mittlerweile sind die meisten Unternehmen wieder ausgestiegen, die Zukunft des Projekts ist ungewiss: es ist noch nicht gestorben, läuft aber derzeit nur auf Sparflamme – gemessen an den ursprünglich wohl zu optimistischen Vorstellungen.
In den drei nordafrikanischen Ländern Tunesien, Algerien und Marokko sollten demnach Windparks, Solaranlagen und Stromtrassen entstehen und bis 2050 ca. 400 Mrd. € investiert werden. Laut einer Studie der Initiative könnte der Strombedarf Europas bis Mitte des Jahrhunderts mithilfe von Wüstenstrom aus Nordafrika und dem Nahen Osten zum größten Teil aus erneuerbaren Energien gedeckt werden. Daraus ist erstmal nichts geworden – man muss sich auf deutlich längere Anlaufzeiten einstellen. Die weitere Entwicklung steht dahin – aber noch ist Desertec nicht endgültig gestorben.
Die Landwirtschaft
In den Jahren der Industrialisierung während der Ära Boumedienne und dann anschließend in der Zeit von Bürgerkrieg und islamischem Terrorismus ist Algerien stark verstädtert, die Landwirtschaft verfiel. Eine Wiederbelebung ist dringend erforderlich.
Die landwirtschaftliche Planung sieht vor, das vor allem der Landwirtschaft im Süden Algeriens entwickelt wird; dazu wurde ein Fünfjahresplan mit erheblichen Investitionsmitteln aufgelegt. Die Abhängigkeit von Importen, inbes. von Nahrungsmitteln, muss dringend verringert werden. Der algerischen Landwirtschaft steht daher vor der Notwendigkeit eines Neuanfangs. Aufgrund der teilweise hervorragenden natürlichen Bedingungen ist das Potential hier besonders groß, vom Empfänger zum Geber und Profiteur zu werden.
Es ist allerdings fraglich, ob sich allein durch den Einsatz von Geld die Probleme lösen lassen, da es auf der mittleren und unteren Managementebene sowohl auf der Seite der Behörden als auch bei den betroffenen bäuerlichen Produktionsbetrieben an Kompetenz und technischem Know-how fehlt, um eine so verstandene «Grüne Revolution» durchzuführen. Hinzu kommen ökologische Probleme, die mit der Intensiv-Landwirtschaft verbunden sind.
Tourismus
Der Tourismus-Sektor ist – etwa im Vergleich mit Tunesien – leider nur dürftig entwickelt. Algerien leistet sich den Luxus eines Tourismus-Ministeriums quasi fast ohne Tourismus – es geht mehr darum, den Tourismus zu konzipieren, zu planen und erst zu entwickeln; man könnte also von einem Tourismus-Entwicklungsministerium sprechen. Es herrscht allgemein Einigkeit darüber, dass das Land ein großes Potential hat: ca. 1500km Strände, bergige und waldreiche Regionen sowie die riesigen Wüstengebiete mit den archäologischen Stätten.
Die Anreise nach Algerien ist derzeit kompliziert und für Touristen, die umworben werden wollen und zwischen mehreren alternativen Angeboten wählen können, abschreckend. Die Visa-Erteilung ist mühsam und unangenehm, man ist in die Rolle des Bittstellers gedrängt. Spontanreisen wie nach Tunesien sind ausgeschlossen, ein touristischer Aufenthalt bedarf langer und sorgfältiger Planung und Vorbereitung.
Die Hotels in Algerien stammen aus der Ära Boumedienne und sollten eher der Unterbringung von Funktionären und deren Personal dienen, z.B. für Wirtschaftskontakte, berufliche oder politische Veranstaltungen wie Messen oder Kongresse. Sie sind für touristische Zwecke durchweg nicht geeignet.
Eine zur nicht vorhandenen Tourismus-Infrastruktur passende Service-Kultur fehlt ebenfalls völlig. Weder verfügt das Land über ausgebildetes Personal, noch ist die Mentalität vorhanden, um im größeren Umfang sich dort zu engagieren. Aufgrund der Öl- und Gaseinkommen ist das Land auch nicht darauf angewiesen. Hinzu kommt, dass die für einen entwickelten Tourismus nötige Gelassenheit („Empfangskultur“) im Umgang mit fremden Kulturen (Hinnahme von lockerer Kleidung, Anbieten von Alkohol usw.) nicht ausreichend vorhanden ist.
Der Wüstentourismus kann nur eine Nebenrolle spielen, da er lediglich für wenige Menschen infrage kommt, die für die Wüstenregionen spezielle Kompetenzen, Kenntnisse und Interessen haben und ihre Aufenthalte sorgfältig planen und vorbereiten. Zudem ist die Sicherheit der Reisenden dort derzeit nicht gewährleistet.
Die Texte stammen vom Länderportal der GIZ, welches vom Netz genommen ist. Der Verfasser ist auf dem PDF, was ich abgezogen habe, nicht ersichtlich. Die GIZ ist informiert worden, dass die Infos auf meine touristischen Länderseiten veröffentliche.